Sicheren Schrittes, ganz anders als noch vor wenigen Tagen, durchqueren wir den gefliesten Vorraum, aus dem Licht, in das Licht. Mit einem Lächeln nicken wir dem Sicherheitsmann zu, der immer dort stand und immer dort steht, mal in der Sonne, mal im Schatten, aber immer in der kurzärmeligen und -beinigen dunkelgrauen Uniform. Er nickt zurück, ein verhaltenes Lächeln doch die Augen können nicht lügen: er erkennt uns nicht, sieht so viele von uns die so sind wie wir, und was sind wir schon für ihn, der Grund für seinen Job, ja sicher, doch sind wir ihm wirklich wichtig? Ich denke nicht. Und warum sollten wir auch? Wir treten ins goldene Licht, ich stoße die Glastür auf und lasse Dir den Vortritt. Links herum auf die Promenade.
Kategorie: Reise
Das frühe Meer
Die letzten Meter rauben uns den Atem, steil aufwärts zwischen Singvögeln und Sanddorn, schwere Schritte auf Pflastersteinen. Feiner Sand legt sich in den Mund, von der Anstrengung geöffnet. Zwischen Dünen führt der Pfad verschlungen entlang, vorbei an einem Holzspielplatz und einem Radweg. Ein Jogger in grellorange trabt uns entgegen, erst klein, dann immer größer, bis er schnaufend an uns vorbeizieht, man kann seine Schritte nicht hören, nur seinen Atem, dann verschwindet er hinter der nächsten Biegung des Weges. Auch wir sind nicht stehen geblieben und sehen jetzt endlich das Meer.
Weit weg schäumt es weiß auf blaugrau unter dem Blau des Himmels, hinter dem schmutzigen Beige eines Nordseestrands im Herbst. Ein paar dunkle Punkte bewegen sich am Rand des Wassers, große, kleine, solche, die breiter sind als hoch. Weiße Punkte sammeln sich gruppenweise in Sicherheit. Eine Strandbar zu unserer Linken, geschlossen und versiegelt, außerhalb der Saison. Der Weg aus Stein endet, die ersten Schritte tun wir uns schwer auf dem nachgebendem sandigen Boden. Unsere Nasen laufen und wir den Strand hinab. „Das frühe Meer“ weiterlesen
Kein klarer Gedanke am trüben Tag
Ein brütend heißer Tag auf der Insel. Die Sonne scheint, lacht, brennt vom blauen und wolkenfreien Himmel hinab und verwandelt die Welt in eine trübe, kontrastarme Kulisse mit harten Schlagschatten. Der weiße Sand, die Wassertröpfchen in der Luft, die weißen Röcke der Frauen und weißen Leinenhemden der Männer, die weißen Möwen, die Mayo auf den Pommes der Touristen, all das macht es nur noch greller. Ich muss an Camus denken. Kaum ein Ort des Schattens, der Dunkelheit, an dem das Auge sich kurz entspannt zurücklehnen und mit weit geöffnetem Lid sich ein Bild der Umgebung machen könnte. Stattdessen zusammengekniffene Falten um die Augen herum. So müssen Krähenfüße entstehen.
Ich habe W. am Strand zurückgelassen, das in der Sonne liegen ist nicht meins, fühle mich wertlos, nutzlos, dort zu braten. Und überhaupt, es gibt bestimmt noch etwas zu entdecken hier, ganz nah, ich weiß es doch, es muss so sein. Ich lasse meine Schuhe bei dir zurück, laufe durch den heißen und blendenden Sand zum frischen und blendenden Meer, lasse meine Füße in der Brandung abkühlen. Ich sorge mich um einen Sonnenbrand auf den Füßen und verlasse den Strand, lasse die Nordsee hinter mir Nordsee sein, laufe abgehackt durch den glitzernden und muschelscharfen Sand. Eine morsch wirkende Holztreppe überbrückt die letzten Meter zum satten Grün der Gräser, das mir jedoch keine Erfrischung gönnt. Es ist sattgrün, aber trocken. Um Zigarettenstummel herumtänzelnd gehe ich in Richtung Parkplatz. „Kein klarer Gedanke am trüben Tag“ weiterlesen