Kein klarer Gedanke am trüben Tag

Ein brütend heißer Tag auf der Insel. Die Sonne scheint, lacht, brennt vom blauen und wolkenfreien Himmel hinab und verwandelt die Welt in eine trübe, kontrastarme Kulisse mit harten Schlagschatten. Der weiße Sand, die Wassertröpfchen in der Luft, die weißen Röcke der Frauen und weißen Leinenhemden der Männer, die weißen Möwen, die Mayo auf den Pommes der Touristen, all das macht es nur noch greller. Ich muss an Camus denken. Kaum ein Ort des Schattens, der Dunkelheit, an dem das Auge sich kurz entspannt zurücklehnen und mit weit geöffnetem Lid sich ein Bild der Umgebung machen könnte. Stattdessen zusammengekniffene Falten um die Augen herum. So müssen Krähenfüße entstehen.

Ich habe W. am Strand zurückgelassen, das in der Sonne liegen ist nicht meins, fühle mich wertlos, nutzlos, dort zu braten. Und überhaupt, es gibt bestimmt noch etwas zu entdecken hier, ganz nah, ich weiß es doch, es muss so sein. Ich lasse meine Schuhe bei dir zurück, laufe durch den heißen und blendenden Sand zum frischen und blendenden Meer, lasse meine Füße in der Brandung abkühlen. Ich sorge mich um einen Sonnenbrand auf den Füßen und verlasse den Strand, lasse die Nordsee hinter mir Nordsee sein, laufe abgehackt durch den glitzernden und muschelscharfen Sand. Eine morsch wirkende Holztreppe überbrückt die letzten Meter zum satten Grün der Gräser, das mir jedoch keine Erfrischung gönnt. Es ist sattgrün, aber trocken. Um Zigarettenstummel herumtänzelnd gehe ich in Richtung Parkplatz.

„Ich weiß nicht was mit mir los ist. Ich kann mich nicht konzentrieren. Kaum sehe ich etwas klar, fasse einen klaren Gedanken, schon ist er weg, verschwunden! Verstehst du?“ „Tjaja“, antwortet der kleinere der beiden Männer, die im Schatten des Kiosks stehen und rauchen. Er nickt, blickt auf den Boden, wischt mit seiner Sandale eine tote und vollkommen vertrocknete Hummel weg. „Das ist ein Ding. Ich kenne das.“ „Tjaja“, sagt nun der größere, der ebenfalls auf den Boden blickt, einen tiefen Zug aus seiner Zigarette nimmt und fast wütend den Rauch zu Boden stößt.

Meine Waffel ist fertig, ich nehme sie im Kiosk in Empfang und mir kommt der Gedanke, wie unsinnig es war an einem so heißen Tag eine frisch gebackene Waffel essen zu wollen. Die heiße Butter läuft mir über die Finger den Unterarm hinab. Ich wende mich ab, lasse Kiosk, die beiden Männer und die Waffelfrau hinter mir wie ich die Nordsee hinter mir gelassen habe und wende mich dieser wieder zu. Bei meinem ersten Biss pustet mir eine Böe den feinen Puderzucker in Mund und Nase, ich muss husten und anschließend niesen. Ich ärgere mich über meine Waffelidee.

Am Strand laufe ich an dir vorbei, du hast die Augen zu und döst in der Sonne. Ich stelle mich mit den Füßen ins Meer und hoffe ein wenig, dass mir die Waffel hinfällt.

Am Abend werden wir beide einen Sonnenbrand haben.

Rausposaunen

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